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Der Zwischenzug ist gemacht

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Schach Campus Soldiner Kiez modernisiert zu Corona-Zeiten sein Schach-Angebot und berechnet neue Varianten für Schachmiteinander

Kaum ein Lebenszusammenhang wurde durch die Regelungen des Corona-Managements nicht betroffen. Im Soldiner Kiez mit seinen drei Grundschulen und mehreren Kitas und sonstigen Einrichtungen betraf dies seit März 2020 jeden, der unmittelbaren Kontakt zu seinen kleinen und großen „Kunden“ hatte. Das Mitte 2019 gestartete Schachprojekt mit Namen Schach Campus Soldiner Kiez machte hier keine Ausnahme und versuchte – wie jeder Einzelne und jede Organisation – die Gegebenheiten des täglichen Wirkens anzupassen.

Die Idee des Schach Campus Soldiner Kiez fußt auf dem Gedanken, dass ein universelles Spiel wie Schach alters- und generationsunabhängig einen Nutzen bietet. Für die Kleinen in der Kita ist es Hilfe bei der Schulvorbereitung, in der Grundschule werden Lernfertigkeiten und soziale Kompetenzen gefördert und entwickelt und im Erwachsenenalter sind es geistige Fitness und Begegnung, die auch ohne viel Sprache funktioniert. Es ist – wie die in 2020-21 sehr erfolgreiche und mehrfach ausgezeichnete Netflix-Serie „Damengambit“ zeigt – ein Denksport, der zwar unspektakulär aussieht, aber wie jeder Sport Motivation, Konzentration und Fair Play in unterschiedlichen Facetten hervorbringt. Viele Menschen begeistern sich nun – auch weil der Lockdown ihnen die Zeit verschaffte – mit der Herausforderung, ihre Figuren zu einem harmonischen Zusammenspiel zu dirigieren. Das Spielen im Internet verschafft dem Spiel einen zusätzlichen Kick und somit ist es die perfekte Plattform um die sonstige analoge Begegnung mit digitalen Formaten zu verbinden.

In der Hinsicht im Soldiner Kiez Bildungseinrichtungen durch Schach in ihrem Lehrauftrag zu unterstützen und dabei digitale Modernisierung mitzudenken, hat das Schachprojekt die Auszeiten vom Präsenzunterricht genutzt, um neue digitalen Lernmaterialien und Lernmethoden zu entwickeln und Schule bei Hybridunterricht zu unterstützen. Daneben wurden verschiedene Angebote für Bewohner des Kiezes vorbereitet und können für die Zeit des hoffentlich bald wiederkehrenden, normalen Alltags genutzt werden. Zwei Bausteine dieses in Berlin in einer räumlichen Nachbarschaft neuartigen Angebots sollen hier mit ihren Perspektiven skizziert werden.

Das Lernen lernen!
Alle Schulen stellen sich der Herausforderung digitales Lernen zu realisieren. Das Schachprojekt bietet hier in mehrfacher Hinsicht einen Zusatznutzen. Der gleiche Stoff kann sowohl digital wie analog vermittelt werden. Schachlernen ermittelt sehr genau, welche Lernfähigkeiten ein Schüler hat und wo sich Fertigkeiten wie Konzentration, Übersicht, Zeitmanagement, Alternativensuche und Entscheidungsverantwortung verbessern lassen. Es ist quasi ein Lernen des Lernens! Schülern, Lehrern und Eltern kann mit dieser Lernstandentwicklung gezeigt werden, welche Logik in bestimmten Lerninhalten gegeben ist und wie man sich diese erschließt.

Das Schachprojekt stellte in 2020-21 einen Fundus von 10.000 Aufgaben in neuer digitaler Form zusammen, der jetzt in kleine Lerneinheiten für jedes Alter angepasst zur Anwendung kommt. Dabei wurde auch viele Quellen aus internationalen Lernmaterialien ausgewertet und zusätzlich wurden für grundlegende Themen vom Schachprojekt Lernvideos gedreht, die einerseits via digitaler Pinwand im Hybridunterricht zum Einsatz kommen und die Basis für den Aufbau eines Schachlernservers bilden. Diese Lernformen werden nicht nur für den schulischen Bereich zum Einsatz kommen, sondern stehen bereit, in einem bisher unterschätzen Gebiet zu wirken.

Schach ist geistige Fitness!
Wenn wir Lernen erweitern wir unser Wissen und stärken die Arten, wie wir mit Wissen umgehen können. Doch es ist eine genau so wichtige Lebensaufgabe, seine Fähigkeiten zu pflegen, viele Informationen genau und passend einsetzen zu können. Schach regt den Geist an, flexibel zu reagieren und jede eindimensionale und überhastete Entscheidung zu vermeiden. Das kann im Berufs- und Privatleben helfen und lindert im Alter Formen des geistigen Verfalls. Das Gehirn begibt sich beim Schach in eine Art Fitnessstudio für den Kopf und dient im erweiterten Sinn der Gesundheitsvorsorge! So wie junge Menschen durch Schach in ihrer Persönlichkeitsentwicklung mitgeprägt werden, so kann der Erwachsene durch Schach mit unterschiedlichen Nachbarn und Mitmenschen eine gemeinsame Beschäftigung finden, die das Denken rege hält und eine Anknüpfung für den Austausch über gemeinsame Themen bietet (z.B. für Eltern mit Kindern auf verschiedenen Schulen, für Neubewohner zum Kontaktknüpfen oder für ältere Menschen zur Teilnahme am Kiezumfeld)

Leider konnten durch die Corona-Einschränkungen in dieser Hinsicht Angebote für alle Bewohner des Kiezes nur vorbereitet, aber noch nicht in Begegnungen realisiert werden. Wer seiner Gesundheit durch die Beschäftigung mit Schach eine Gefallen tun möchte, muss regelmäßig „am Brett sein“. Hierzu soll es Lernangebote geben. Diese sollen die Hemmschwelle des zu Unrecht als kompliziert geltenden Spieles überwinden und neben der üblichen Beschäftigung am Brett auch die verschiedenen digitalen Möglichkeiten rund um das Denkspiel zeigen. Daneben sollen künftig Events im öffentlichen Raum, auf Plätzen oder an besonderen Orten (wie Müllmuseum, Theater 28 oder NachbarschaftsEtage), die Schwelle überwinden, sich gemeinsam diesem „Prüfstein des Gehirns“ widmen (so meinte es der berühmte deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe).

Wer mehr zu den Schachangeboten derzeit möglichen und künftigen Aktivitäten rund um Schach erfahren möchte, kann sich bei QM einen Kontakt zu den Projektbeteiligten vermitteln lassen. Eine neue Webseite wird ab Anfang 2022 auch über den Kiez hinaus zeigen, warum das Spiel hilft, immer einen Zug voraus zu sein. Wer möchte nicht über diese Schlagfertigkeit verfügen oder einen Zwischenzug (*) finden?

(*) Anmerkung: Ein Zwischenzug beim Schach ist eine überraschende Wendung, die eine geplante Idee durch eine zusätzliche Wirkung noch stärker werden lässt.